27 März 2007

Wissenschaftler sieht in Zusammenschluss mit WASG ein Risiko

Linkspartei droht ein Pyrrhussieg

MZ-Gespräch mit Eckhard Jesse: Wissenschaftler sieht in Zusammenschluss mit WASG großes Risiko

Halle/MZ. Linkspartei und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) haben die vorletzte Hürde auf dem Weg für eine gemeinsame linke Partei genommen. Über die politische Bedeutung der neuen Partei "Die Linke" sprach unser Redakteur Jörg Telemann mit dem Parteienforscher Eckhard Jesse von der Technischen Universität Chemnitz.

Herr Professor Jesse, sehen Sie noch Hindernisse, woran die neue Linke scheitern könnte?
Jesse: Nein. Ein Scheitern können sich beide Parteien nicht erlauben, auch wenn es noch Spannungen zwischen den eher radikalen Linken von der WASG und den moderateren Pragmatikern der Linkspartei gibt. Es kann sein, dass sich manche noch zurückziehen. Die Mitgliederbefragungen werden wohl eine klare Mehrheit für das Zusammengehen bringen.

Was hat die Linkspartei vom Zusammenschluss?
Jesse: Triebfeder für den Zusammenschluss bei der Linkspartei ist die nüchterne Erkenntnis, dass sie es im Westen allein nicht schafft. Aber: Gregor Gysi hat selbst gesagt, dass die neue Linke keine Ostpartei mehr sein kann. Das heißt, man wird den Ost-West-Konflikt nicht mehr kultivieren können. Damit gibt die Linkspartei ihren Ostbonus auf. Das dürfte vielen Wählern in den neuen Ländern missfallen. Für die Linkspartei ist das sehr riskant. Es könnte sein, dass sie im Osten mindestens so viele Wähler verliert, wie sie im Westen vielleicht dazugewinnt. Der vermeintliche Sieg könnte sich als Pyrrhussieg erweisen.

Wie sieht es für die WASG aus?
Jesse: Die WASG hat geschickt verhandelt. Als viel kleinere Partei hat sie einen gleichberechtigten Zusammenschluss hinbekommen. Sie ist in vielen Gremien stark vertreten auch mit Hardlinern wie Trotzkisten und Chaoten. Die WASG ist klar der Sieger.

Muss sich die SPD vor der Linken fürchten?
Jesse: Sicher muss sich die SPD fürchten. So lange sie in Regierungsverantwortung steht, wird sie Wähler an die Linke verlieren. Aber möglicherweise gibt es bei der SPD einen Linksruck oder sogar ein Ausscheren aus der Regierung. Dann muss sich die Linke warm anziehen. Denn in der Opposition wird die SPD linke Stimmen wieder aufsaugen, vielleicht sogar die Linke schlucken, wenn die ihren Ostbonus verliert.

Im Moment sieht das eher nicht danach aus. . .
Jesse: Im Moment regiert die SPD ja auch. Ich rede auch nicht von heute und morgen.

Nun, das Totenglöckchen wurde für die Linkspartei schon geläutet, als sie noch PDS hieß. Aber sie lebt noch.
Jesse: Vielleicht erlebt die Linke aber auch gerade den Anfang vom Ende.

Welche Aussicht geben Sie ihr bei kommenden Wahlen?
Jesse: Die Erfolge der Linken hängen stark davon ab, ob die SPD im Bund mitregiert. Ich halte es durchaus für möglich, dass die Linke bei der Bürgerschaftswahl in Bremen die Fünf-Prozent-Hürde schafft.

Quellen-Link zum Artikel: 'http://www.mz-web.de/artikel?id=1174661629642'

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